07.01.2025

Beyoncé, Fake News und unser Workshop mit codetekt e.V.

Hintergrund: Am 11.12.2024 haben wir am Gymnasium Meiendorf in Hamburg einen Workshop zum Thema Desinformationen im Rahmen unserer Kooperation mit UseTheNews durchgeführt. Der folgende Text wurde auf der Webseite der Schule veröffentlicht. 

Autorin: Susanne Alm-Hanke, Lehrerin am Gymnasium Meiendorf in Hamburg


Fake News erkennen? Das ist leichter gesagt als getan. Im Wahlkurs Journalismus haben wir uns genau mit dieser Herausforderung beschäftigt. Gemeinsam mit einer Teamerin von codetekt e.V. haben wir gelernt, wie wichtig es ist, nicht alles zu glauben, was man sieht – gerade in einer Zeit, in der falsche Informationen gezielt verbreitet werden. Mit praktischen Übungen und digitalen Tools haben wir im Workshop geübt, wie man Nachrichten verifiziert, Falschmeldungen erkennt und manipulierte Inhalte entlarvt – Fähigkeiten, die wir künftig immer wieder anwenden können.

Ermöglicht wurde der Workshop durch die Initiative #UseTheNews der Deutschen Presse-Agentur (dpa). In der Doppelstunde arbeiteten wir mit dem Meme „Thank You, Beyoncé“ als Beispiel dafür, wie leicht sich Inhalte im Internet viral verbreiten können – auch wenn sie nicht der Wahrheit entsprechen. Mithilfe der Google-Bilder-Rückwärtssuche haben wir geübt, solche Inhalte zu überprüfen und die ursprüngliche Quelle zu finden. So haben wir gelernt, Falschmeldungen besser zu erkennen und zu entlarven.

Der Workshop ist ein wichtiger Bestandteil unseres Kurses. Hier setzen wir uns kritisch mit Fake News auseinander und lernen, wie man mit digitalen Tools manipulative Inhalte entlarvt. Es geht nicht nur um kreatives Schreiben, sondern auch darum, kritisch hinzusehen und die Welt um uns herum besser zu verstehen.

Und genau das üben wir – praxisnah, relevant und garantiert nicht für die Tonne 😉

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29.11.2024

Die Geburt der sogenannten alternativen Fakten

Die Menschenmenge bei der Amtseinführung von Donald Trump im Januar 2017 war, laut seinem Pressesprecher Sean Spicer, kleiner als sie hätte sein können. Zudem schien sie kleiner als sie wirklich war – und dennoch, so behauptete Spicer, handelte es sich um die größte Amtseinführung aller Zeiten. Einzelne Aussagen von Spicer mögen oberflächlich betrachtet plausibel erscheinen, doch in ihrer Gesamtheit sind sie inkohärent und beweisen nicht, dass es sich um das größte Publikum handelte. Genau diese Strategie – scheinbar plausible, aber widersprüchliche Behauptungen – steht im Kern der „alternativen Fakten“

Was sind „Alternative Fakten“?

Auf den ersten Blick erscheint der Begriff „alternative Fakten“ wie ein Widerspruch in sich. Fakten sind objektiv überprüfbare Tatsachen – wie könnte es davon eine Alternative geben? Der Ausdruck suggeriert, dass es mehrere Versionen der Wahrheit gibt, doch genau hier liegt das Problem: Es geht nicht um die Suche nach der Wahrheit, sondern um die bewusste Verwirrung der Öffentlichkeit.

Der Soziologe Nils C. Kumkar beschreibt in seinem Buch „Alternative Fakten“, dass diese nicht bloße Lügen sind. Vielmehr widersprechen sie allgemein akzeptierten Tatsachen, um Unsicherheit zu erzeugen und klare Wahrheiten infrage zu stellen. Ziel ist es nicht, über die Fakten selbst zu diskutieren, sondern den Diskurs auf eine andere Ebene zu lenken und den Boden für (weitere) Verwirrung zu bereiten.

Die Amtseinführung von Donald Trump – Der Ursprung des Begriffs

Auch wenn das Phänomen durchaus davor schon bekannt war, wurde der Begriff „alternative Fakten“ durch die Aussagen zu Trumps Amtseinführung 2017 geprägt. Nachdem Presseberichte und Bilder zeigten, dass die Menschenmenge kleiner war als bei früheren Amtseinführungen, erklärte Pressesprecher Sean Spicer, die Zuschauerzahl sei in Wirklichkeit größer gewesen als berichtet. Die Menge habe durch einen neuen Bodenbelag kleiner gewirkt, und Sicherheitskontrollen hätten dafür gesorgt, dass viele Menschen nicht rechtzeitig zu den Zuschauerflächen gelangen konnten. Zudem hätte es  keine verlässlichen Zahlen gegeben, um das tatsächliche Ausmaß an Zuschauer*innen zu bestimmen. Hier liegt allein schon ein Widerspruch: Wie kann Spicer dann wissen, dass die Anzahl an Zuschauer*innen größer gewesen sei, als offiziell berichtet wurde? Als Trump-Beraterin Kellyanne Conway später zu den widersprüchlichen Aussagen befragt wurde, verteidigte sie Spicers Worte mit der Erklärung, er habe keine falschen Informationen geliefert, sondern „alternative Fakten“. Damit war die Terminologie geboren.

Was machen alternative Fakten mit der Wahrheit?

Ein weiteres, älteres Beispiel dafür ist die Debatte über den Klimawandel. Obwohl ein wissenschaftlicher Konsens darüber besteht, dass der Klimawandel real ist und durch menschliches Handeln beschleunigt wird, werden immer wieder „alternative Fakten“ präsentiert, um diesen Konsens infrage zu stellen. Diese Taktik verhindert eine klare Auseinandersetzung mit den Fakten und lenkt von der eigentlichen Problematik ab.

Auch die Alternative für Deutschland (AfD) bediente sich während der Corona-Pandemie verstärkt dieser Strategie. Anfangs verbreiteten AfD-Anhänger*innen nur vereinzelt alternative Fakten. Doch je deutlicher die öffentliche Meinung und die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung wurden, desto stärker verschob die Partei den Diskurs. Sie stellte die offizielle Corona-Politik infrage und verstärkte gesellschaftliche Konflikte, indem sie “alternative Fakten” nutzte, um ihre Opposition gegen die Maßnahmen sichtbar zu machen und zu untermauern.

Im Gegensatz zu „Fake News“, die klar auf falsche Informationen hinweisen, suggerieren alternative Fakten, es gäbe mehrere legitime Sichtweisen auf die Wahrheit. Das verwischt die Grenze zwischen Wahrheit und Lüge und erschwert es, eine gemeinsame Basis für Diskussionen und Entscheidungen zu finden. Kumkar betont, dass es bei alternativen Fakten weniger um die Aussagen selbst geht, sondern um die zugrunde liegenden sozialen und politischen Konflikte, die durch sie verschleiert werden.

Was können wir dagegen tun?

Aufklärung und Faktenchecks allein reichen (zumindest bei aktiven Diskussionsteilnehmenden) oft nicht aus, um alternative Fakten zu entkräften – besonders auf Plattformen wie Facebook, wo sie häufig Teil einer kollektiven Identität sind. Für viele geht es weniger um die Fakten selbst, sondern um die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die sich bewusst gegen die vermeintliche Mehrheitsmeinung positioniert.

Doch es gibt Hoffnung: Kumkar schlägt vor, den Diskurs zu entschärfen und die Debatte runterzukochen. Statt ständig den Wahrheitsgehalt alternativer Fakten zu hinterfragen, sollten wir genauer hinschauen: Welche tieferen Konflikte und Spannungen werden hier verschleiert? Und wie könnten sie (politisch) gelöst werden? Wenn wir uns auf diese Fragen konzentrieren, können wir eine Grundlage für einen konstruktiveren Dialog schaffen. Alternative Fakten verlieren ihre Macht, wenn wir ihre Wurzeln erkennen und adressieren.

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16.08.2024

Wer’s glaubt: Desinformationen zur  Europawahl

Im Mai und Juni 2024 erlebten Deutschland und der Rest Europas eine Hochkonjunktur an Desinformationen zur anstehenden EU-Wahl. Besonders prägnant waren Falschmeldungen wie die angebliche Verhaftung von Ursula von der Leyen im EU-Parlament oder die Behauptung, dass die Stimmabgabe für die rechtsextreme Partei AfD strengeren Regeln unterliegen würde. EU-bezogene Falschinformationen erreichten laut der European Digital Media Observatory (EDMO) im Mai und Juni 2024 ihren Höhepunkt, mit einem Anteil von 15 % und 12% an den insgesamt entdeckten Desinformationen. Die EDMO veröffentlicht hierzu monatliche Berichte.

Bundesregierung warnt vor Desinformationen

Desinformationen werden insbesondere in den sozialen Medien verbreitet, mit der Intention, die Öffentlichkeit zu manipulieren oder zu täuschen. Die Bundesregierung warnte im Vorfeld der Wahl vor Desinformationen: 

„Im Kontext der Europawahl ist unter anderem mit einer Zunahme ausländischer Desinformation in Deutschland zu rechnen. Es ist davon auszugehen, dass andere Staaten versuchen werden, illegitim Einfluss auf die öffentliche Debatte und die politische Willensbildung in Deutschland zu nehmen.“  (Die Bundeswahlleiterin, 2024)

In diesem Fall spricht man auch von einer hybriden Bedrohung, also einer illegitimen Einflussnahme durch fremde Staaten. Ziel ist es, die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen, eigene Aktivitäten zu verschleiern und abzulenken, kontroverse Debatten emotional aufzuladen, gesellschaftliche Spannungen zu verstärken und Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen und Regierungsentscheidungen zu schüren.

Fake News sollen das Vertrauen in die Demokratie schwächen

Vor den Wahlen nehmen Berichte über Wahlmanipulation und Betrug deutlich zu. Zudem wurden im Mai, kurz vor der EU-Wahl, führende Politiker und Politikerinnen der EU in einigen Falschmeldungen direkt angegriffen. Beispielsweise wurde die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, fälschlicherweise mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht. In Frankreich wurde verbreitet, sie sei von niemandem gewählt worden. Solche Berichte zielen darauf ab, die EU-Institutionen als anti-demokratisch darzustellen. In Deutschland wurde behauptet, dass Stimmzettel mit Löchern oder abgeschnittenen Ecken ungültig seien – tatsächlich helfen diese Markierungen sehbehinderten Personen bei der Stimmabgabe.

Zudem kam es dem EDMO-Bericht zufolge in vielen EU-Ländern erneut zu einwanderungsfeindlichen Desinformationen, um die rassistischen und migrationsfeindlichen Stimmungen zu stärken. Migrant*innen werden in solchen Narrativen unter anderem als gewalttätig und kriminell dargestellt.

Nach der Wahl geht es weiter

Auch nach der Wahl am 9. Juni kursieren Meldungen zu Wahlbetrug und Manipulation. In Deutschland sollen demnach AfD-Stimmzettel von Wahlhelfenden vernichtet worden sein, in Österreich potenzielle FPÖ-Stimmzettel von Wahlbeisitzer*innen anderer Parteien für ungültig erklärt worden sein. Allerdings gibt es weder in Österreich noch in Deutschland bisher Hinweise auf tatsächliche Manipulationsversuche.

Und was hilft gegen Desinformation?

Obwohl das Risiko, einer direkten Manipulation von Wahlen durch Desinformationen einer Studie von 2021 zufolge in Deutschland geringer ist als im globalen Vergleich, zeigt der Sturm aufs Kapitol im Jahre 2021 in den USA, welche drastischen Auswirkungen Desinformationen im Wahlkontext haben können. Desinformationen können generell jeden treffen, denn viele sind empfänglicher, als sie es sich selbst eingestehen. Daher gilt – nicht nur zu Wahlkampfzeiten: Inhalte kritisch zu hinterfragen und Quellen, Bilder & Zitate sorgfältig zu prüfen. Wir haben dazu passende Bildungsprojekte und Workshops entwickelt.

Quellen:

APA Faktencheck: Keine Hinweise auf Manipulation bei EU-Wahl

Bildquelle: pixabay, bearbeitet

Correctiv: Nein, wenn die obere Ecke des Stimmzettels abgeschnitten oder gelocht ist, ist er nicht ungültig

Die Bundesregierung: FAQ. Schutz der Europawahl vor hybriden Bedrohungen einschließlich Desinformation

EDMO: Fact-Checking Briefs

Vodafon Stiftung: Studie zu Desinformation. Expert:innen sehen größte Gefahr für gesellschaftlichen Zusammenhalt und Radikalisierung

Mimikama: Nein, die Frau, die Hitler die Hand schüttelt, ist nicht von der Leyens Großmutter

Zeit online: Viele sind empfänglicher, als sie es sich selbst eingestehen

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01.07.2024

Blog & Wissen

Trust-Checking: Ohne Faktencheck erkennen, ob etwas Bullshit ist

Autor:in

luigi

Kriege. Krankheiten. Klimakrise. Wir leben in einer turbulenten Zeit mit einer nie dagewesenen Informationsflut, die uns täglich im Internet in Form von Artikeln, Tweets und Textnachrichten erreicht. Dabei sind vor allem in Krisenzeiten Desinformationen allgegenwärtig: falsche Informationen, die mit der Absicht zu täuschen oder zu schaden bewusst gestreut werden, um so ein politisches oder ökonomisches Ziel zu erreichen. Durch das Dickicht an Informationen in den sozialen Medien sowie im Internet zu navigieren, wird zunehmend herausfordernd.

Als bewährtes Mittel, um die Spreu vom Weizen zu trennen, gilt das Fact-Checking, bei dem akribisch jede einzelne Behauptung von Expert*innen und/oder Journalist*innen auf ihre Richtigkeit geprüft wird. So wichtig das Fact-Checking ist, um die manipulative Wirkung von Desinformationen einzudämmen:  Es ist oft langwierig und erfordert viel Expertise. Doch wie kann jede*r von uns schnell Informationen einschätzen? Und kann vielleicht eine Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit der Informationen bereits Aufschluss geben?

Hier setzt die von codetekt entwickelte Methode des Trust-Checkings an, die vor allem auch in der Bildungsarbeit von “faktenstark” – angewandt wird. faktenstark ist ein siebenköpfiges Team von der Amadeu Antonio Stiftung, Bertelsmann Stiftung und der gemeinnützigen Organisation codetekt. Bei der Konzeption und Umsetzung unserer Bildungsangebote arbeiten wir zudem eng mit erfahrenen Referent*innen der politischen Bildung und Medienpädagogik sowie mit unterschiedlichen Partner*innen aus Bildung, Zivilgesellschaft und Wissenschaft zusammen.

So wendest du den Trust-Check an!

Das Trust-Checking – das Prüfen der Vertrauenswürdigkeit von Informationen – ist ein Ansatz, um einer möglichst breiten Öffentlichkeit Nachrichtenkompetenz zu vermitteln. Doch wie unterscheidet sich das Trust-Checking vom traditionellen Fact-Checking?

Beim Fact-Checking werden einzelne Fakten von Expert*innen wie Journalist*innen, oder Wissenschaftler*innen geprüft. Dieser Prozess erfordert viel Erfahrung, Zeit und oft eine spezifische (journalistische) Ausbildung. Ziel ist es, Informationen auf ihre Richtigkeit zu prüfen: Am Ende soll eindeutig hervorgehen, ob eine Information wahr, falsch oder teilweise falsch ist. Das Problem? Dieser Prozess ist sehr zeitaufwendig, erfordert viel Expertise, wird häufig einer wahrgenommenen Elite zugeordnet und ruft bei vielen Menschen durch den Wahrheitsanspruch eine Abwehrhaltung hervor. Im Gegensatz dazu prüft das Trust-Checking Informationen anhand festgelegter Kriterien auf ihre Vertrauenswürdigkeit statt Richtigkeit. Diese Trust-Checking-Kriterien basieren auf journalistischen Qualitätsstandards und beurteilen die Information als Ganzes, ohne jede einzelne Behauptung zu überprüfen. Dieser Ansatz ist so konzipiert, dass ihn jede*r anwenden kann. 

Dadurch wird die Nachrichten- und Informationskompetenz der Nutzer*innen gestärkt und ein gesunder, kritischer Umgang mit Medien gefördert. Beim Trust-Checking geht es nicht darum, die absolute Wahrheit zu bestimmen, sondern eine allgemeine Einschätzung über die Vertrauenswürdigkeit einer Information zu geben. Solche Vertrauenseinschätzungen machen wir jeden Tag in verschiedensten Situationen, warum nicht auch bei unserer Mediennutzung?

Die Kombi macht’s! Mehrere Kriterien gleichzeitig checken!

Die Trust-Checking-Kriterien oder Qualitätsmerkmale reichen dabei von einer Sichtung der Quellen, Zitate und Autorenschaft bis hin zur Einschätzung verwendeter Medien, der Sprache sowie zum Hintergrund des Mediums und der Online-Präsenz. Denn: Fehlende Quellenangaben, falsche Zitate, aus dem Kontext gerissene Bilder und emotionalisierende Sprache machen eine Information auch ohne umfangreiches Prüfen aller Behauptungen weniger vertrauenswürdig.

Beispiel: Lügen über “Wahlbetrug” in Bad Reichenhall, nur ein kleines versehen

Nehmen wir das folgende Beispiel zum angeblichen Wahlbetrug im bayerischen Bad Reichenhall:

Ein rechtes, alternatives Medium berichtete auf Telegram, dass es im bayerischen Bad Reichenhall einen systematischen Wahlbetrug durch Briefwahlen gegeben hätte, was die Manipulierbarkeit des Briefwahlsystems und einen potentiellen systematischen Wahlbetrug aufzeige. Zur Feststellung der allgemeinen Vertrauenswürdigkeit wenden wir in diesem Beispiel ausgewählte Trust-Checking-Kriterien an:

Screenshot aus Telegram Kanal, Artikel auch erschienen auf Auf1.tv

Beim Überprüfen der Quellen und einer möglichen Übereinstimmung mit anderen Berichten stellen wir fest, dass vom Medium selbst keine Quellen genannt werden, außer einem Link, der direkt zum Medium selbst zurückführt. Bei weiterer Recherche wird deutlich, dass es tatsächlich vorausgefüllte, an Bürger*innen verschickte Briefwahlunterlagen in Bad Reichenhall gab: allerdings nur DREI!

Diese drei Unterlagen waren bereits mit einem Kreuz bei der FDP versehen. Es handelte sich hierbei um Wahlunterlagen aus dem Jahr 2019 und um einen menschlichen Fehler eines Mitarbeitenden, der transparent aufgearbeitet wurde.

Clickbait: Hält nicht, was versprochen wird

Der Inhalt und die Überschrift der Nachricht sind sehr kurz. Die reißerische Überschrift “Geplanter Wahlbetrug aufgedeckt?” ist ein Beispiel von Clickbaiting: Nutzer*innen sollen über emotionalisierende Überschriften zur Interaktion in Form eines Klicks geködert werden, damit die Betreiber der Website über platzierte Werbungen mehr Geldeinnahmen erhalten.

Das für die Nachricht genutzte Bild ist eine Collage aus verschiedenen Elementen, die nichts mit der Berichterstattung zu tun haben und für manipulative Zwecke zusammengeführt wurden. Die Darstellung der Symbole wie Nebel, Marionettenfäden und das Foto von der Präsidentin der Europäischen Kommission – Ursula von der Leyen – soll die Betrachtenden emotionalisieren und eine mysteriöse Atmosphäre beschwören.

Es soll die Verschwörungserzählung darstellen, dass hochrangige Politiker*innen “die Fäden in der Hand haben”. In der Collage befindet sich ein Bild eines Stimmzettels mit Kreuz bei der SPD und damit der Kanzler stellenden Partei – obwohl der eigentliche Vorfall mit Kreuzen bei der FDP zu tun hatte. Es werden also weder Fotos von Bad Reichenhall noch die echten Stimmzettel abgebildet. Andere Medien berichten umfangreicher und zwar so darüber

Screenshot bayernwelle.de
Screenshot br.de

Kein Seriöses Medium

Aus der Online Präsenz des Desinformations-Mediums wird schnell deutlich, dass sich das österreichische Medium mit politischen Themen im deutschsprachigen Raum beschäftigt. Dabei greift es auf reißerische Schlagzeilen und emotionalisierende Bilder zurück, um wie auch im vorliegenden Beispiel manipulierende Informationen zu verbreiten. 

Screenshot auf1 .tv

Beim Trust-Checking fragen stellen wie: “Wer steckt hinter dem Medium?” 

Ein Blick ins Impressum hilft dabei und gibt erste Hinweise.

Eine weitere Recherche auf Grundlage der Infos ergibt: AUF1 ist ein Projekt von Stefan Magnet, gegründet 2021 in Linz und seit 2022 auch in Berlin tätig. Magnet bewirbt über Telegram die “Medienrevolution” in Deutschland. Der Sender ist mittlerweile ein wichtiges Medium der verschwörungsideologischen Szene. Magnet war früher im Bund freier Jugend (BfJ) aktiv, einer Jugendorganisation der rechtsextremen Partei ADP. Fotos von 2004 zeigen ihn mit Michael Scharfmüller beim “Pressefest” der neonazistischen NPD. 

niedrigere Vertrauenswürdigkeit der Nachricht

Aus der rechtspopulistischen Szene taucht der Vorwurf des systematischen Wahlbetrugs, wie im Beispiel Bad Reichenhall, immer wieder auf, vor allem rund um anstehende Wahlen. Die Trust-Checking-Kriterien helfen dabei, relativ schnell über journalistische Qualitätsmerkmale und Rahmenbedingung die allgemeine Vertrauenswürdigkeit einer Nachricht einzuschätzen – auch ohne Expertise im jeweiligen Thema. Die Tatsache, dass das rechte Medium (generell) stark emotionalisierende Sprache, Überschriften und teils falsche Bilder für die Berichterstattung verwendet, deutet bereits auf eine niedrigere Vertrauenswürdigkeit der Nachricht – selbst ohne Überprüfung einzelner Behauptungen.

Mit diesen und weiteren Kriterien können alle in die Lage versetzt werden, selbst die Vertrauenswürdigkeit von Informationen schnell und möglichst objektiv einzuschätzen. Keines dieser Kriterien allein macht die Vertrauenswürdigkeit einer Nachricht aus, erst die Kombination der Trust-Checking-Kriterien gibt Auskunft. Genaueres zu den einzelnen Kriterien findest du auf der Website von codetekt. Auf der faktenstark Website kannst du diesen Ansatz im sogenannten “Trust-O-Mat” (TOM) einmal durchspielen.

Trust-Checking stärkt die Demokratie

Das Trust-Checking soll und kann das Fact-Checking nicht ersetzen. Vielmehr stellt es eine ergänzende Alternative dar, die zugänglicher ist und von jedem und jeder selbstständig angewendet werden kann, ohne dabei Abwehrreaktionen hervorzurufen. Indem mehr Menschen befähigt werden, die Vertrauenswürdigkeit von Informationen schnell und effektiv einzuschätzen, können sie aktiv zur Verbreitung verlässlicher Nachrichten beitragen und die Verbreitung von Falschinformationen eindämmen.

Gerade in unserer heutigen Zeit geprägt von etwaigen Krisen und auch angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, sowie der Bundestagswahl 2025, ist es entscheidend, dass wir alle in der Lage sind, fundierte und vertrauenswürdige Informationen zu erkennen und zu teilen, um damit die Verbreitung von Desinformationen zu unterbinden. Das Trust-Checking bietet ein wertvolles Werkzeug, das es ermöglicht, die Flut an Informationen besser zu bewältigen und gemeinsam für eine informierte Gesellschaft und resiliente Demokratie beizutragen.

Artikelbild: Screenshot auf1.tv

Eine Person (links) übergibt einen großen, weißen Kreis an eine andere Person (rechts)

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